Sonntag, 13. April 2025
Psychosomatische Station & Info
mrs. dark, 18:02h
Hallo und willkommen zurück. Oder willkommen. Ich weiß es auch nicht mehr. :D
Wir haben eine partielle dissoziative Identitätsstörung, also sollte einer von uns das vielleicht mal erwähnen.
Ich bin Henry, die zweite Alltagsperson. Meine Lieblingsfarbe ist blau und mein Symbol ist, nach einigem Hin und Her die Schneeflocke.
Wie im Titel bereits von mir erwähnt, waren wir auf der psychosomatischen Station in einer Klinik. Gut, dass ich unserer Psychologin gesagt hatte, ich wolle entweder in eine Tagesklinik oder in eine allgemeine Klinik für Psychotherapie und Psychiatrie, denn meine (was ich da noch nicht *genau* wusste, unsere) Probleme waren einfach nicht mehr alleine zu bewältigen. Ich veränderte ständig meine Meinungen und Weltansichten und wollte plötzlich keine (junge) Frau mehr sein, sondern ein Mann. Noch dazu wollte ich Hilfe für meine Depressionen (und passive Suizidalität), Ängste, mein Burnout, meine eventuellen Traumata und meine Alter Egos, denn die, so fand ich, hatten auch ein Recht auf Leben. Ich konnte einfach nicht mehr und brauchte mal einen Tapetenwechsel, weg von meinen Eltern, die ich beschuldigte, mich misshandelt zu haben.
Angekommen auf der psychosomatischen Station war ich Anfang Dezember des Jahres 2024. Alles war mir zuviel und noch dazu wurde ich von meiner Bezugspflege als Frau vorgestellt, was es mir erschwerte, mich als Henry vorzustellen, also tat ich dies nicht und nannte einfach meinen offiziellen Vornamen Hannah. Die Leute waren sehr, sehr nett und ließen nicht zu, dass ich mich nach einem Platz umsehen musste, indem zwei von den nun Mitpatienten eines Tisches, ich glaube es waren J. und M., direkt auf den freien Platz bei ihnen deuteten (wo sonst eigentlich P. immer saß).
Trotz der Bemühungen meiner Mitpatienten wurde mir schon am nächsten Tag alles zuviel. Es war einfach nicht autismusgerecht: Viele Leute, wuselig, keine Sitzordnung und zudem noch tonnenweise neue Termine, die ich, anbei meiner "Headmates", nun ebenfalls auf dem Schirm haben musste.
Irgendwann vormittags am zweiten Tag ging ich also tränenverströmt ins Dienstzimmer und sagte, ich wollte nachhause gehen, mir war einfach alles zuviel.
Der nette Oberpfleger (?) hörte sich meine Probleme aufmerksam an und schickte mich dann eine Etage höher, zu meinem Einzeltherapeuten für die Zeit in der Klinik.
Wie sich herausstellte, war er, Dr. S., ebenfalls sehr nett, was mich erleichterte, denn das Erstgespräch mit dem Oberarzt hatte mich sehr aufgemischt, da dieser immerzu mit seinen Augen gerollt hatte und all meine Diagnosen anzweifelte, als hätte ich sie mir selbst ausgedacht.
Dr. S. hörte nicht zum erstem Mal, dass ich autistisch sei, und konnte sich demnach vorstellen, wie zerrädert ich mir in all dem Neuen vorkam.
Irgendwann stellte er dann die Frage: "Würde es Ihnen nützen, wenn wir für die Woche erstmal alles an Terminen rausnehmen würden?"
Ich stellte augenblicklich mein unmännliches Weinen ein und nickte stumm. Das Ergebnis dieses Vorhabens stellte sich als eine richtige Offenbarung heraus. Ich konnte endlich Fuß fassen und konnte zwei Tage später jeden Tag erst einer neue Therapie pro Tag beiwohnen und ab Mitte der nächsten Woche ging ich dann zu allen Therapien hin, ganz zum (vielleicht auch gespielten) Erstaunens meines Einzeltherapeuten.
Mit meinen 22 Jahren war ich der Jüngste, meine Mitpatienten waren alle in ihren 30ern, 40ern, 50ern oder gar 60ern, doch das störte mich nicht. Um ehrlich zu sein, wusste ich davon eine ganze Weile nichts, da ich alle 30-Jährigen auf Ende 20 und sogar eine junggebliebene 44-Jährige auf 28 geschätzt hatte.
Ich verstand mich vorallem mit den 30-jährigen (und 40-jährigen) Mitpatienten gut und zu meinem Erstaunen spielten sie regelmäßig abends Spiele zusammen, wie "Werwolf", in dem jeder eine verdeckte Identität bekommt und die beiden Teams, Dorbewohner (inklusive Sonderrollen) und Werwölfe versuchen, sich gegenseitig ausscheiden zu lassen, indem sie sich "umbringen" (natürlich nur im Spiel).
Es entstand sogar ein kleiner Freundeskreis, den wir aus Scherz den "Kreis der Wahrheit" nannten, da wir uns jeden Abend unter der Woche in ein Nebenzimmer zur Akupunktur versammelten. Ich selbst nahm keinen einzigen Effekt der Akupunktur wahr, mit Ausnahme dass mir mit Rekordzeit all meine Zadeln aus den Ohren wieder herausfielen. Aber das war mir egal, denn ich kam jedes Mal mit, um bei den netten Mädels zu sein. Wir lachten sehr viel und dass ich schon bald als Typ angesprochen wurde, störte sie nicht. Dann war es halt doch kein Frauenkreis.
Zumindest nicht bis zu unserer letzten Woche, in der gleich zwei Alter Egos im Wechsel übernahmen, was ich nicht mal bemerkte, denn ich, Henry, war ja schließlich nicht anwesend.
Zu unserer Verabschiedung konnte ich selbst, der doch die ganzen Monate dort gewesen war, garnicht selbst hingehen und alle verabschiedeten sich stattdessen von Hannah, die sie eigentlich quasi gerade erst kennenlernten, doch von unserem Wechsel wussten meine Freunde und anderen Mitpatienten nichts, denn ihnen kam es vor, als wäre ich doch nicht trans und eher eine Hannah als ein Henry. Dass beide einfach getauscht hatten, konnten sie nicht wissen. Ich konnte mich also doch nicht verabschieden. Vielleicht sehen wir uns wieder, wenn eine von ihnen, S., aus ihrer Reha zurückkommt.
Nun sitze ich hier und bin froh, dass es heute doch nicht so warm ist, wie Hannah gestern angenommen hatte. Obwohl es vermutlich doch besser gewesen wäre, denn dann wären wir wenigstens in den Garten gegangen, um unserem lieben Kater Charlie Gesellschaft zu leisten. Doch dem ist es anscheinend lieber, bei diesem Wetter drinnen auf der Bank zu schlafen, anstatt draußen Mäuse zu fangen.
Mata ne~ ^^
(Wir haben leider keine japanische Tastatur hier am Laptop. ':D)
Wir haben eine partielle dissoziative Identitätsstörung, also sollte einer von uns das vielleicht mal erwähnen.
Ich bin Henry, die zweite Alltagsperson. Meine Lieblingsfarbe ist blau und mein Symbol ist, nach einigem Hin und Her die Schneeflocke.
Wie im Titel bereits von mir erwähnt, waren wir auf der psychosomatischen Station in einer Klinik. Gut, dass ich unserer Psychologin gesagt hatte, ich wolle entweder in eine Tagesklinik oder in eine allgemeine Klinik für Psychotherapie und Psychiatrie, denn meine (was ich da noch nicht *genau* wusste, unsere) Probleme waren einfach nicht mehr alleine zu bewältigen. Ich veränderte ständig meine Meinungen und Weltansichten und wollte plötzlich keine (junge) Frau mehr sein, sondern ein Mann. Noch dazu wollte ich Hilfe für meine Depressionen (und passive Suizidalität), Ängste, mein Burnout, meine eventuellen Traumata und meine Alter Egos, denn die, so fand ich, hatten auch ein Recht auf Leben. Ich konnte einfach nicht mehr und brauchte mal einen Tapetenwechsel, weg von meinen Eltern, die ich beschuldigte, mich misshandelt zu haben.
Angekommen auf der psychosomatischen Station war ich Anfang Dezember des Jahres 2024. Alles war mir zuviel und noch dazu wurde ich von meiner Bezugspflege als Frau vorgestellt, was es mir erschwerte, mich als Henry vorzustellen, also tat ich dies nicht und nannte einfach meinen offiziellen Vornamen Hannah. Die Leute waren sehr, sehr nett und ließen nicht zu, dass ich mich nach einem Platz umsehen musste, indem zwei von den nun Mitpatienten eines Tisches, ich glaube es waren J. und M., direkt auf den freien Platz bei ihnen deuteten (wo sonst eigentlich P. immer saß).
Trotz der Bemühungen meiner Mitpatienten wurde mir schon am nächsten Tag alles zuviel. Es war einfach nicht autismusgerecht: Viele Leute, wuselig, keine Sitzordnung und zudem noch tonnenweise neue Termine, die ich, anbei meiner "Headmates", nun ebenfalls auf dem Schirm haben musste.
Irgendwann vormittags am zweiten Tag ging ich also tränenverströmt ins Dienstzimmer und sagte, ich wollte nachhause gehen, mir war einfach alles zuviel.
Der nette Oberpfleger (?) hörte sich meine Probleme aufmerksam an und schickte mich dann eine Etage höher, zu meinem Einzeltherapeuten für die Zeit in der Klinik.
Wie sich herausstellte, war er, Dr. S., ebenfalls sehr nett, was mich erleichterte, denn das Erstgespräch mit dem Oberarzt hatte mich sehr aufgemischt, da dieser immerzu mit seinen Augen gerollt hatte und all meine Diagnosen anzweifelte, als hätte ich sie mir selbst ausgedacht.
Dr. S. hörte nicht zum erstem Mal, dass ich autistisch sei, und konnte sich demnach vorstellen, wie zerrädert ich mir in all dem Neuen vorkam.
Irgendwann stellte er dann die Frage: "Würde es Ihnen nützen, wenn wir für die Woche erstmal alles an Terminen rausnehmen würden?"
Ich stellte augenblicklich mein unmännliches Weinen ein und nickte stumm. Das Ergebnis dieses Vorhabens stellte sich als eine richtige Offenbarung heraus. Ich konnte endlich Fuß fassen und konnte zwei Tage später jeden Tag erst einer neue Therapie pro Tag beiwohnen und ab Mitte der nächsten Woche ging ich dann zu allen Therapien hin, ganz zum (vielleicht auch gespielten) Erstaunens meines Einzeltherapeuten.
Mit meinen 22 Jahren war ich der Jüngste, meine Mitpatienten waren alle in ihren 30ern, 40ern, 50ern oder gar 60ern, doch das störte mich nicht. Um ehrlich zu sein, wusste ich davon eine ganze Weile nichts, da ich alle 30-Jährigen auf Ende 20 und sogar eine junggebliebene 44-Jährige auf 28 geschätzt hatte.
Ich verstand mich vorallem mit den 30-jährigen (und 40-jährigen) Mitpatienten gut und zu meinem Erstaunen spielten sie regelmäßig abends Spiele zusammen, wie "Werwolf", in dem jeder eine verdeckte Identität bekommt und die beiden Teams, Dorbewohner (inklusive Sonderrollen) und Werwölfe versuchen, sich gegenseitig ausscheiden zu lassen, indem sie sich "umbringen" (natürlich nur im Spiel).
Es entstand sogar ein kleiner Freundeskreis, den wir aus Scherz den "Kreis der Wahrheit" nannten, da wir uns jeden Abend unter der Woche in ein Nebenzimmer zur Akupunktur versammelten. Ich selbst nahm keinen einzigen Effekt der Akupunktur wahr, mit Ausnahme dass mir mit Rekordzeit all meine Zadeln aus den Ohren wieder herausfielen. Aber das war mir egal, denn ich kam jedes Mal mit, um bei den netten Mädels zu sein. Wir lachten sehr viel und dass ich schon bald als Typ angesprochen wurde, störte sie nicht. Dann war es halt doch kein Frauenkreis.
Zumindest nicht bis zu unserer letzten Woche, in der gleich zwei Alter Egos im Wechsel übernahmen, was ich nicht mal bemerkte, denn ich, Henry, war ja schließlich nicht anwesend.
Zu unserer Verabschiedung konnte ich selbst, der doch die ganzen Monate dort gewesen war, garnicht selbst hingehen und alle verabschiedeten sich stattdessen von Hannah, die sie eigentlich quasi gerade erst kennenlernten, doch von unserem Wechsel wussten meine Freunde und anderen Mitpatienten nichts, denn ihnen kam es vor, als wäre ich doch nicht trans und eher eine Hannah als ein Henry. Dass beide einfach getauscht hatten, konnten sie nicht wissen. Ich konnte mich also doch nicht verabschieden. Vielleicht sehen wir uns wieder, wenn eine von ihnen, S., aus ihrer Reha zurückkommt.
Nun sitze ich hier und bin froh, dass es heute doch nicht so warm ist, wie Hannah gestern angenommen hatte. Obwohl es vermutlich doch besser gewesen wäre, denn dann wären wir wenigstens in den Garten gegangen, um unserem lieben Kater Charlie Gesellschaft zu leisten. Doch dem ist es anscheinend lieber, bei diesem Wetter drinnen auf der Bank zu schlafen, anstatt draußen Mäuse zu fangen.
Mata ne~ ^^
(Wir haben leider keine japanische Tastatur hier am Laptop. ':D)
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